Yogische Ostern: Zeit für einen Neubeginn
Die Ostertage werden fast auf der ganzen Welt gefeiert, und weil Ostern in diesem Jahr spezieller als je zuvor sein wird, bekommt die ursprüngliche Bedeutung und Symbolik des Fests eine Tiefgründigkeit, die für unser aller Yoga-Praxis und beschleunigte Bewusstheitsentwicklung dienlich ist.
Yoga ist Entstehen, Vergehen und Wiederentstehen
Wohlwissend, dass er nicht nur ein, sondern viele Leben lebt, ist es das Streben eines Yogis im jetzigen Lebenszyklus, seinen Körper gut zu behandeln, mit seinem Geist nach höherem Wissen zu streben und mit der Seele in Einklang zu leben. Das ist es, was wir generell mit dem Weg des Yoga anstreben, jedoch auch bei jeder Yoga-Session als Benefit erleben. Wir gehen mit vollem Kopf und vielleicht müdem Körper auf die Matte und fühlen uns nach einer Yoga-Sequenz harmonischer und wie neugeboren.
Das Konzept der Reinkarnation ist im hinduistischen Glauben fest verankert. Lebenszyklen aus Kommen und Vergehen sowie Wiedergeburt wurden in urindischen Philosophien und überlieferten Schriften des Vedismus und Brahmanismus lange Zeit vor der Entstehung der hinduistischen Religion und vor Christi Geburt erklärt und gelehrt. Das Reinkarnationskonzept ist bis heute eine tragende Säule der gesamten Yogalehre. Die klassischen Yogawege des Bhakti Yoga, Karma Yoga, Jnana Yoga oder auch Hatha Yoga inkludieren das Prinzip diverser Lebens- und Wiedergeburtszyklen, die jede Seele immer wieder durchläuft. Die Praxis des Yoga als Lebens- und Bewegungsstil hat – auch heute – als finales Ziel, durch achtsames Sein und waches Handeln jeden Reinkarnationszyklus bewusst zu gestalten und die Fähigkeit zu erlangen, diesen scheinbar unendlichen Reigen aus Sterben und Wiedergeburt eines Tages zu verlassen und so in einen Zustand reinen wie ewigen Seins einzutreten.
Wenn man weiß, dass man wiedergeboren wird und die Taten und Erfahrungen aus vorangegangenen Leben in die nächste Inkarnation mitnimmt, ist es durchaus sinnvoll, sich im jetzigen Leben gut zu benehmen und keinen Schaden zu hinterlassen.
„Indem sie nichts erwarten, sich nichts erhoffen, alles aufgeben, halten sie das Denken und Empfinden sowie die Sinne unter Kontrolle. Da sie die Begierden bezwungen haben und ihr Herz von der Seele regieren lassen, laden solche Personen, auch während sie in der Welt handeln, kein negatives Karma auf sich.”
Bhagavad Gita
Kapitel 4, Vers 21
Auch Ostern symbolisiert Entstehen, Vergehen und Wiederentstehen
Ebenfalls in der christlichen Mythologie sowie christlich-religiösen Praxis geht es darum, „in den Himmel zu kommen” und dafür ein reines Leben im Jetzt zu leben – ohne Schaden an anderen oder an sich selbst zu verursachen. Dazu dienen tägliche Selbstreflexion, Gebete und die Praxis der Nächstenliebe. Jesus hat dies mit seinem Lebensweg gezeigt und die Menschen gebeten, seinem Beispiel zu folgen. Er lebte quasi als Yogi und lehrte den Weg der Liebe und wie diese entstehen und verweilen kann. Er zeigte den Menschen, wie er – und so auch alle Kinder Gottes – leben, sterben und wiederauferstehen können. Ganz so, wie es die Yogalehre, Hinduismus, Buddhismus und andere Philosophien lehren. Jesus hat uns gezeigt, wie es möglich ist, wiedergeboren zu werden. Als ätherisches Wesen, als Seele oder als inkarnierte Seele in einem neuen Körper. Und heute, 2020 Jahre später, ist der Bewusstheitsgrad der Menschen so hoch entwickelt, dass wir die Zyklen aus Geburt, Sterben und Wiederkehren erkennen und nachahmen können.
Die Kirche feiert Ostern als höchstes Fest des christlichen Glaubens. Wer möchte, kann mit individueller Yoga-Praxis über die Feiertage die drei Phasen aus Leben, Vergehen und Wiederentstehen mental wie emotional bewusst erspüren und die Osterzeit dazu nutzen, ohne Altlasten aus der Vergangenheit angstfrei wahrlich in neues Leben zu starten, ohne zu sterben.
Yogische Ostern – so gestaltest du die Feiertage achtsam
1. Gründonnerstag
- Fasten oder leichte Kost zu dir nehmen und abends meditieren, um dich mit deinem Geist auf das Zusammentreffen mit Jesus, Maria Magdalena und Jesu Anhängern auszurichten.
- Heutzutage kannst du dich durch Visualisierung in feinstoffliche Energiefelder einklinken und sie durch Fühlen (statt Denken) miterleben. Auch wenn die Ereignisse nach unserem chronologischen Zeitverständnis in der Vergangenheit liegen, kannst du dich mit etwas Konzentration und Fokussierung in das Schwingungsfeld hineinbeamen.
- Wenn es dir sympathisch ist, stell dir Jesus (Jeshua) als einen Yoga-Guru vor und erbitte seine Hilfe.
2. Karfreitag
- Praktiziere bodennahe Asanas wie Krokodil, Kobra, Fisch und Shavasana (mit dem Körper mit aneinanderliegenden Beinen und seitlich ausgestreckten Armen ein christliches Kreuz darstellen). Lasse dich von der Erde tragen und stell dir vor, wie dein Körper in Milliarden glitzernde Sandkörner zerfällt.
- In Shavasana (die Asana des Todes, auch Leichenhaltung genannt) meditiere liegend und fahre deine Körperfunktionen so weit herab, dass du annähend aus deinem Körper heraustrittst. Gib alle Gedanken und Erwartungen auf (wie im Bhagavad-Gita-Vers beschrieben, siehe oben), gib symbolisch für einige Zeit dein eigenes Leben auf. Lass dein Sein, deinen Geist und deinen Körper für eine Zeitspanne, die dir guttut, ganz leer werden.
Hier findest du deine Shavasana-Anleitung mit Marina Pagel:
3. Samstag
- Lebe einen Tag in Sattva: Verweile in Stille zu Hause oder in der Natur, wenn möglich alleine, und vermeide alle Aktivitäten, die dich in das aktuelle Leben auf Erden zurückziehen. Halte Kommunikationsstille und nimm dir Zeit, einen Tag nicht auf Erden und „symbolisch tot” zu sein.
- Wenn du kannst, praktiziere den Schulterstand oder den Kopfstand für geraume Zeit, um mit einer Umkehrhaltung die Welt und dein Leben aus umgekehrter Perspektive zu betrachten und so neu wahrzunehmen.
- Nutze deine Auszeit-Tag für Notizen, wie du dein Leben künftig gestalten möchtest. Schreibe auf, welche Werte, welche Ethik, welche Handlungen und Wirkungen dir wichtig sind. Notiere, in welche Richtung du dich mit deiner Yoga-Praxis entwickeln möchtest und welche Fähigkeiten und Gefühle du mit deinen Mitmenschen teilen magst.
4. Ostersonntag
- Sei dir deiner Seele deines höheren Selbsts bewusst und schlüpfe wieder andächtig in deinen Körper. Belebe deinen Körper mit Pranayama wie Bhastrika (nach jeder Einatmung folgt je eine stoßartige Ausatmung unter intensivem Einsatz von Zwerchfell und Bauchmuskeln).
- Genieße deinen Körper mit Asanas, die dir guttun, oder praktiziere mindestens achtmal (∞) das Bewegungsritual Surya Namaskar, den Sonnengruß.
- Meditiere auf das Licht der Sonne und lade deinen neuen Lebenszyklus mit purem Licht der Urquelle auf, bade mental wie emotional und physisch in imaginärem Licht, denn dein Körper-Geist-System wurde gänzlich entleert und hat nun viel Platz für das Licht des neuen Glanzes.
Auch der Sonnengruß symbolisiert Entstehen, Vergehen und Wiederentstehen
Der Asana-Flow des Sonnengrußes (Surya Namaskar) ist seit jeher dem körperlichen wie mentalen Erlebnis des Zyklus aus Entstehen, Vergehen und Wiedergeburt gewidmet. Surya Namaskar hilft zudem, die derzeit grassierende körperliche Müdigkeit weitestgehend zu eliminieren, die aus der mentalen Anstrengung resultiert, die aktuelle Situation verstehen zu wollen.
- Der aufrechte Stand und die Streckung zum Himmel symbolisieren das Sein im Leben.
- Die Neigung zur Erde verdeutlicht das allmähliche, jedoch bewusste Vergehen der irdischen Lebenskraft.
- Die komplette Bauchlage am Boden versinnbildlicht die Phase des körperlichen Todes, bei dem die Seele mit der Ausatmung den Körper verlässt.
- Die Atempause in bewegungsloser Bauchlage stellt die Phase zwischen Tod und Wiedergeburt dar.
- Die darauffolgende Einatmung ist der Moment der Wiedergeburt, der körperlich Schritt für Schritt mit aufrichtenden Asanas vollzogen wird.
- Die Streckung zur Sonne begrüßt das neue Leben in vollen Zügen, bis der Reigen aus Entstehen, Vergehen und Wiederentstehen von Neuem beginnt.
Hier kannst du dich von Isabel Djukanovic durch den Sonnengruß leiten lassen:
5. Oster-Montag
- Verbinde dich meditativ mit Menschen, die dir lieb und teuer sind, und lass sie an deinem neuen, lichterfüllten Sein teilhaben. Diese Art der Lichtverbindung und Heilung wirkt an diesen Tagen – da sich so viele Menschen weltweit auf Ostern, auf Kreuzigung, auf Wiedergeburt und Neuanfang konzentrieren – energetisch sehr stark und dynamisierend.
- Nutze diese Schwingungen für deinen persönlichen Neubeginn. Sei dir bewusst, dass deine Veränderungen sich gleichklingend auf deine Mitwelt auswirken.
Wie es nach Ostern weitergeht
Dieser Artikel war schon seit Längerem geplant, hat jedoch aufgrund der aktuellen Begebenheiten, die uns alle förmlich überwältigen und zum Innehalten bringen, eine ungeahnte Tiefe und Bedeutung gewonnen. Diese Tiefe ist zweifelsohne eine Chance, sozusagen ein Ostergeschenk. Wir sind eingeladen, uns neu zu verwurzeln, einhergehend mit künftig neu definierten Wertigkeiten. Neue Ziele im Sinne der Gemeinschaft sind zu stecken sowie das individuelle Denken und Handeln in dieser Welt wirklich und wahrhaftig zu verändern. Der Weg des Yoga ist ein Weg des Bewusstheit und Achtsamkeit, ein Weg, der weit über eine körperliche Betätigung hinausgeht und – und das ist heilsam zu wissen – stets weitergeht. Weder dein Weg noch der Weg der Weltgemeinschaft geht heute oder morgen oder in einem Jahr zu Ende, ganz so wie Ostern nicht das Fest des Endes, sondern das Fest der Wiedergeburt, des Neubeginns ist. Du bist gefragt, die Zukunft neu zu gestalten, und Yoga ist dein Rüstzeug dafür.
Love and light für dich und alle deine wertvollen Mitmenschen!
Deine Birgit Feliz Carrasco