Face Yoga – Yoga für das Gesicht (ein Selbsttest)

Von Birgit Feliz Carrasco

Linien und Falten im Gesicht sind wie ein Gemälde, das nicht von einem Künstler oder einer Künstlerin, sondern von der Kunst zu leben kreiert wird. Auch wenn es nicht zeitgemäß ist: Ich bin stolz auf dieses optische Zeugnis meines erfahrungsreichen Lebens und lehne chemische wie chirurgische Eingriffe in die Natürlichkeit des Körpers vehement ab. Yogische Achtsamkeit bedeutet für mich auch, die Heiligkeit des Körper und seiner Reifungsprozesse zu ehren und zu lieben... Also auch die Falten und Dellen, die wir im Laufe der Jahre ansammeln.

Wenn dann ein Trend wie „Face Yoga” daherkommt, werde ich neugierig: Wird das Konzept des Yoga hier für einen neuen Trend missbraucht oder ist da was dran? Also habe ich einige Wochen lang Face Yoga geübt – und verrate euch hier, ob es gewirkt hat.

Was ist Face Yoga?

Unter Face Yoga versteht man eine Reihe von täglichen Ritualen, bei denen Gesicht, Hände, Finger und Zunge zum Einsatz kommen, um dem Antlitz mehr Schönheit, mehr Offenheit, mehr Ausdruck zu verleihen und Falten zu minimieren. Face Yoga hat dafür die uralte Praxis von Mudras mit Zunge und Augen verfeinert und für den Menschen von heute geupdated. Feine Sache das. Wer möchte nicht ein fröhliches Gesicht haben, statt den verkniffenen Ausdruck durch tägliches Starren in den Computer oder auf das Smartphone zu Tage zu tragen?  

Die beeindruckende Zahl von 34 Einzelmuskeln am Kopf, Kinn und im Gesicht ermöglichen uns Menschen zu sehen, zu kauen, zu küssen, zu sprechen, den Unterkiefer zu bewegen. Die Muskeln sind essenzielle Protagonisten, um einer Vielzahl von Gefühlen mimisch Ausdruck zu verleihen. Allein jedes Auge ist mit sechs Muskeln ausgestattet, um die Umwelt aufmerksam, staunend, drohend oder ängstlich wahrnehmen zu können. 

Genau so wie Skelettmuskulatur2 wie Sehnen und Bindegewebe mit zunehmenden Lebensalter weicher werden, so werden auch alle Gesichtspartien weicher. Face Yoga nun macht sich Kenntnisse um die Aufgaben und Lokalisierungen der Muskeln im Gesichtsbereich zunutze, um diese wieder in Spannung zu bringen und auf diese Weise das Gesicht zu glätten. 


Be Happy Be You Programm


Wir benutzen unsere Gesichtsmuskeln ständig, selbst im Traumschlaf macht unser Gesicht autonom Mimiken. Dadurch wird die Mimikmuskulatur stark beansprucht. Das führt auf der sensiblen Haut im filigranen Gesichtsbereich über die Lebensjahre schneller zu augenscheinlicher Abnutzung als beispielsweise an der Gesäßmuskulatur, die durch viel Sitzen primär plattgedrückt wird und erschlafft. 

Kosmetische Gesichtsmassagen lockern die Mimikmuskulatur, aufgetragene Cremes und Masken (natürliche, vegane Naturkosmetik bitte! Hyaloronsäure z. B. wird aus Hahnenkamm und Kollagen aus Fisch herstellt) pflegen die Haut, entspannen gegebenenfalls zeitweilig, aber Falten bilden sich dennoch aus. Face Yoga setzt dagegen an den Muskeln an und bringt die Sehnen gezielt wieder in Form (Sehnen sind die Endstücke von Muskeln, die an den Knochen haften). Das ist ein bisschen wie Bizepstraining, denn auch über einem aufgeblähtem Bizeps ist die Haut straffer... Aufpolsterung von innen sozusagen, ohne Chemie.


In diesem Video führt dich Anna Rech durch eine Face Yoga und Tapping Sequenz, in der du deinen 50 Gesichtsmuskeln liebevolle Aufmerksamkeit schenkst. So kannst du Spannungen lösen und deine Strahlkraft aktivieren.

Anna Rech Face Yoga und TappingYogaEasy-Video abspielen


Die Wahrhaftigkeit des Yoga – und der Yogi:nis

Schlaffer werdende Bein- oder Armmuskeln kann der eitle Mensch durch modische Kleidung kaschieren, aber das Gesicht ist bei jedem Blick in den Spiegel für sich selbst und vor allem für alle Mitmenschen sichtbar. Nun besteht der Yogaweg nicht nur aus der Praxis von Asanas, vielmehr auch aus Elementen der Selbsterkenntnis, Bewusstseinsveredelung, Reflexion, Meditation und Loslösung von irdischen Querelen und Befreiung von materiellen und körperlichen Bindungen.

„In dem Maße, in dem ein Mensch Bewusstheit entwickelt, 
vermindert sich seine Anhaftung an Materie und seine alleinige Ausrichtung auf den Körper.”

Patanjali Yoga Sutra, 2.40

Wahrhaftigkeit und Authentizität sind unter anderem Tugenden, die der Weise Patanjali in den Yamas und Niyamas denjenigen empfiehlt, die den Yogaweg bis zur Vollendung im Erwachen gehen möchten. Ist es da überhaupt statthaft, eitel zu sein und sich um die Wirkung des eigenen Gesichts auf Mitmenschen Sorgen zu machen? Müssen wir einem gesellschaftlich angesagten Schönheitsideal folgen? Dürfen Yogi:nis nach Jungbrunnen streben? Ich sehe das pragmatisch: Ein lachendes, liebevolles Gesicht drückt Lebensfreude aus und ist die beste Werbung für das Konzept des Yoga als achtsamer Lebensstil! Wenn man dabei auch noch (optisch) jung bleibt, ist das ein wundervolles Geschenk.

Energy Flow – dein Leben spiegelt sich in deinem Gesicht

Nun wussten die indischen Yogis aus Vorzeiten bereits um die Wirkung der Yoga-Praxis auf Geist, Körper und eben auch auf das Gesicht – lange bevor Face Yoga zum Trend wurde. Und, wie generell beim Yoga, geht es auch bei Face Yoga um den freien Fluss der Energien als Grundvoraussetzung für Wirksamkeit.

Alles am und im Körper basiert auf feinstofflicher Energie und Holistik, denn alle Körperregionen und Anteile sind miteinander verbunden. Ist der Körper verspannt, ist das Gesicht verspannt. Jede Gemütsverfassung von angry bis happy drückt sich im gesamten System und nicht nur im Gesicht aus. Die Wirkung von Face Yoga hängt also nicht nur von den zu praktizierenden Übungen ab, sondern vom aktiven Energiefluss im Gesicht in harmonischer Gemeinsamkeit mit dem Körper und von den Gefühlen im Herzen.

Bei der Praxis von Face Yoga empfehle ich, die Energieflüsse unterhalb des Kopfes miteinzubeziehen und die Gesichtsübungen wie Meditationsrituale auszuführen: Bewusst, geduldig, bewertungsfrei. Face Yoga ist – wie alle Zweige des Yoga – ein Prozess der Selbsterkenntnis.

Das solltest du beim Face Yoga bitte beachten: 

  1. Vor Ausführung der Übungen keine Creme oder Kosmetik auftragen bzw. diese abwaschen.
  2. Die Rituale täglich morgens und abends im Sitzen ausführen und ausreichend Zeit (10 bis 15 Minuten) dafür einplanen.
  3. Vor Beginn und nach den Übungen das Gesicht kritikfrei im Spiegel betrachten, um Unterschiede festzustellen – ohne zu bewerten – und sich so selbst genauer kennenzulernen.
  4. Während der Praxis in Präsenz und Bewusstheit im ganzheitlichen Körpergefühl und in Atemwahrnehmung verweilen.
  5. Die nötigen Handgriffe stets zärtlich und mit Selbstliebe ausführen.

To-do: Übungen im Face Yoga

Es gibt zahlreiche Übungen im Face Yoga, die auf unterschiedliche Gesichtspartien einwirken. Mit den nachstehenden fünf Gesichtsritualen habe ich im Selbstversuch experimentiert. Ich habe den Übungen zur leichteren Nachvollziehbarkeit und zur besseren Merkfähigkeit Namen gegeben. Wer mehr Zeit hat, kann weitere Rituale ins tägliche Programm aufnehmen. Ein Kombination mit einer Yoga-Asana-Praxis (besonders Umkehrhaltungen, die die Durchblutung von Kopf und Gesicht intensivieren) ist sehr empfehlenswert. Übe dabei erst Face Yoga, danach Asanas.

1. Löwengesicht

Face Yoga Yoga für das Gesicht

Der Löwe ist ein altes überliefertes Gesichtsmudra, dass die oberen und unteren Augenmuskeln dehnt, die Wangenmuskeln nach hinten zieht und die Unterkiefermuskulatur streckt. 

Wirkung: Müde, schlaffe Augen werden munter, Falten an den Mundwinkeln werden geglättet, das Doppelkinn straffer.

  • Bewusst den gesamten Körper spüren, den Energiefluss von der Erde über den Beckenraum zum Gesicht fließen lassen, sich als lebendige Ganzheit spüren und dabei aufgerichtet sitzen.
  • Tief einatmen, ausatmend die Augen weit öffnen und Zunge weit gen Kinn ausstrecken.
  • Etwa. zehn Atemzüge halten, dann locker lassen, Augen schließen.
  • Handrücken aneinander reiben und zum Nachspüren unter das Kinn legen.

2. Hamsterbacken

Face Yoga Yoga für das Gesicht

Wirkung: Falten zwischen Nase und Mundwinkeln (Nasolabialfalten) und zwischen Mundwinkeln und Kinn (Mentolabialfalten) werden geglättet.

  • Bewusst den gesamten Körper spüren, den Energiefluss von der Erde über den Beckenraum zum Gesicht fließen lassen, sich als lebendige Ganzheit spüren und dabei aufgerichtet sitzen.
  • Mund geschlossen, Augen offen.
  • Innenseite der Finger und Fingerballen erwärmend aneinander reiben.
  • Fingerballen auf den Unterkiefer und Finger auf die Wangen legen.
  • Kleine Finger jeweils an die äußere Seite der Nasolabialfalte positionieren.
  • Sanft mit den Fingern die Wangen in Richtung Ohren schieben, d.h. leicht nach hinten und oben (dabei nicht die Augen zusammenschieben!).
  • Etwa zehn Atemzüge halten, dann locker lassen, Augen schließen, nachspüren.

3. Katzenaugen

Face Yoga Yoga für das Gesicht

Wirkung: Hilfreich gegen müde Augen, Schlupflider, (einseitig) hängende Augenbrauen, Augenringe und Krähenfüße (periorbitale Falten) an den äußeren Augenwinkeln.

  • Bewusst den gesamten Körper spüren, den Energiefluss von der Erde über den Beckenraum zum Gesicht fließen lassen, sich als lebendige Ganzheit spüren und dabei aufgerichtet sitzen.
  • Rechten Arm weit nach oben strecken, den Kopf leicht nach rechts neigen.
  • Ringfinger an das äußere Ende der gegenüberliegenden Augenbraue legen.
  • Mittelfinger an die Schläfe.
  • Beide Finger ziehen die Gesichtshaut sanft und ohne Druck in Richtung Haaransatz.
  • Mund geschlossen, Augen offen.
  • Etwa zehn Atemzüge halten, dann locker lassen, Kopf aufrichten, Augen schließen.
  • Daumenballen warm reiben und diese seitlich auf die geschlossenen Augenlider legen zum Nachspüren legen.
  • Danach das Ritual mit linken Arm und nach links geneigten Kopf ausführen.

4. Fischmund

Face Yoga Yoga für das Gesicht

Wirkung: Strafft Hals und Dekolletee, glättet Grübchenfalten und vom Mund und Kinn ausgehende, quer zum Gesicht verlaufende Falten.

Achtung: Nicht bei Problemen mit der Halswirbelsäule ausführen!

  • Bewusst den gesamten Körper spüren, den Energiefluss von der Erde über den Beckenraum zum Gesicht fließen lassen, sich als lebendige Ganzheit spüren und dabei aufgerichtet sitzen oder stehen. 
  • Mund öffnen und den Kopf mit geöffnetem Mund nach hinten neigen.
  • Nun den Mund abwechselnd bei ruhiger Atmung etwa zehn Mal langsam schließen und öffnen.
  • Mit geöffnetem Mund den Kopf achtsam wieder aufrichten.
  • Handflächen erwärmend aneinander reiben und links und rechts zum Nachspüren von unten an den den Unterkiefer legen.

5. Elefantenöhrchen

Face Yoga Yoga für das Gesicht

Wirkung: Glättet Stirnfalten sowie die Falten neben dem Nasenrücken und die Linien zwischen Ohren und Gesicht. Außerdem werden die Ohren warm, was wiederum dem gesamten Körper wohlige Wärme signalisiert.

  • Bewusst den gesamten Körper spüren, den Energiefluss von der Erde über den Beckenraum zum Gesicht fließen lassen, sich als lebendige Ganzheit spüren und dabei aufgerichtet sitzen oder stehen. 
  • Mit Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen den oberen seitlichen Bereich der Ohren fassen und nach hinten oben ziehen. Dabei ist der Mund geschlossen, die Augen offen.
  • Etwa zehn Atemzüge verweilen, dann locker lassen und nachspüren.

Fazit: Face Yoga wirkt

Es tut sich was! Direkt nach erstmalig ausgeführten Face-Yoga-Ritualen stellt sich ein Gefühl eines offeneren, glatteren Gesichts ein. Dieses Gefühl verstärkt sich mit jeder Wiederholung und bestätigt sich sichtbar bei täglicher Ausführungsroutine. Mein linkes Augenlid beispielsweise hängt nicht mehr so weit nach unten wie üblich. Die Gesichtshaut wird rosiger, da sie besser durchblutet ist. Der aktivierte, bewusste Energiefluss macht es mir möglich mich inklusive meines Gesichts als Ganzheit zu spüren, denn ehrlich gesagt habe ich bisher bei der Praxis von Asanas kaum auf mein Gesicht geachtet, sondern mehr auf meinen Bewegungsapparat.

Face Yoga vermag in jedem Fall zu mehr Selbstachtsamkeit und Selbstliebe führen – und Selbstliebe heißt für mich, jeden Zentimeter des Körpers zu lieben und in präsenter Aufmerksamkeit etwas gemeinsam zu tun.

„Energie folgt der Aufmerksamkeit.”

Dieses Zitat stammt aus der alchemistischen-naturphilosophische Lehre und macht deutlich, dass dort, wohin man Aufmerksamkeit, Achtsamkeit, Bewusstheit lenkt, feinstoffliche Energie sich anreichert, in Bewegung kommt und Veränderungen bewirkt. Energie ist Leben.

Und noch etwas: Machen wir uns bewusst, dass unser Herz, unsere Herzensgefühle unser Gesicht prägen. Es ist zweifelohne (und im wahrsten Sinne des Wortes schöner), Gefühle der Herzensfreude, Lebensfreude und erwartungslose Liebe im Herzen zu tragen und diesen Emotionen über unser leuchtendes Antlitz Ausdruck zu verleihen!

Love and light beim Entdecken deines leuchtenden Antlitz wünscht dir

Birgit Feliz Carrasco

Birgit Feliz Carrasco
Birgit Feliz Carrasco

Birgit Feliz Carrasco ist Heilpraktikerin, Seelen-Coach und Yogatherapeutin sowie renommierte Buchautorin und Bloggerin. Sie hält regelmäßig Seminare für spirituelle Bewusstheitsentwicklung, bei denen Interessierte und Yogalehrende, die sich fortbilden wollen gleichermaßen willkommen sind. Informationen zu ihrer beratenden Tätigkeit, Hellfühligkeit und Channeling findest du unter birgitfelizcarrasco.com.