Die fünf größten Vorurteile gegen Yoga
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Die fünf größten Vorurteile gegenüber Yoga

Von Kristin Rübesamen

Es ist wie überall sonst auch: Die größten Vorbehalte gegen Yoga haben die Menschen, die am wenigsten darüber wissen. Ich zum Beispiel dachte vor knapp zwanzig Jahren, da gehen nur Leute hin, die immerzu lächeln, vor dem Küchenfenster Kresse ansäen, schlabbrige Kleider tragen und scheußliche Schuhe, wenn überhaupt. So in etwa war das damals sogar. Was ich aber nicht wusste, war, dass diese Dinge zwar ein Milieu beschrieben, aber nicht Yoga.

Während es im Yoga genau darum geht, sogenanntes „falsches Wissen“ zu mindern und Avidya, wie dieses Wissen genannt wird, sogar zu den mächtigsten Quellen von Unglück und Unzufriedenheit zählt, halten sich gleichzeitig einige hartnäckige Vorurteile gegenüber der Praxis, die wir hier ein für allemal beerdigen wollen.


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1. Warum Yogapraxis? Geht man da zum Arzt?

Wir sprechen nicht zufällig von Yogapraxis. Denn Yoga ist eben gerade keine Tablette, die einem der Arzt verschreibt und fertig. Es ist eine Technik, die heilen kann, wenn man sie übt. Und nur dann. Dieser kleine Unterschied ist entscheidend. Schon wieder im Baum gewackelt? Egal, nur wer wackelt, lernt, welche Muskeln er braucht, um das Gleichgewicht zu halten.

Yoga ist ein Zustand, in dem einem nichts fehlt. Ein Zustand von tiefem Frieden und innerer Klarheit, der einen wappnet gegen die Ängste und Sorgen des Lebens. Diesen Zustand kann man nicht kaufen wie ein Reihenhaus, man muss dafür etwas tun. Wer nur einmal im Monat übt, wird Jahrzehnte brauchen, um diesen Zustand zu spüren. Wer dagegen regelmässig übt, wird diesen Zustand schnell spüren und sich tatsächlich nach der Praxis, idealerweise schon währenddessen, wie in einem Haus fühlen: einem lichten, aufregenden Stück Architektur, das Schutz bietet und einen sensationellen Blick auf die Welt.

2. Ich bin nicht flexibel genug für Yoga, ich komm ja nicht mal mit den Händen zu den Knien.

Glück gehabt! Wer möchte schon wie viele Balletttänzer mit 30 eine neue Hüfte? Natürlich wollen wir unsere Gelenke ölen und beweglich halten bis ins hohe Alter. Beweglichkeit ist aber eine Frage der individuellen Anatomie und besonders des Bindegewebes, keine Charaktereigenschaft. Gelenkige Yogis sind keine besseren Yogis, im Gegenteil, sie haben es, auch wenn es nicht danach aussieht, schwerer. Wer besonders steife Glieder hat, kommt sehr viel schneller in den Genuss, auf Widerstände zu treffen und damit umzugehen. Hyperflexible Yogis dagegen müssen auf Stabilität setzen und darüberhinaus recht findig sein, um dieser Flexibilität den yogischen Gewinn abzutrotzen, den Yoga für diejenigen bereithält, die wissen, wie man mit Widerständen um geht. Nämlich wie? Fest geerdet, beständig im Atmen und geschmeidig in der Wirbelsäule.

3. Yoga ist was für Schluffis.

Von wegen. Yoga ist erwiesenermaßen das beste Workout, das es gibt. Warum sonst machen so viele Leistungssportler, Schauspieler und Manager, die ihren Körper als Werkzeug oder Visitenkarte nutzen, Yoga? Weil es alle Muskeln trainiert, Herz und Lunge stärkt, das vegetative Nervensystem, den Hormonhaushalt und die Konzentrationsfähigkeit stärkt. Warum trauen sich so wenige Männer in Yogastudios? Weil die Praxis hart ist. Liegestützen, Handstand, Kopfstand, Bauchübungen und abenteuerliche Drehungen und Balanceübungen: Yoga ist alles andere als einfach. Aber es lohnt sich. Weil eben nicht nur der Körper geschmeidig und die Muskeln gestählt werden und die gesamte Körperspannung zunimmt, sondern auch der Geist klar und ruhig wird. Für alle Adrenalin-Junkies, die jetzt denken, hurra, genau das Richtige für mich, haben wir noch einen Tipp: Das Schwerste im Yoga ist nicht der einarmige Handstand, es ist Meditation. Schluffi, go home.

4. Bestimmt muss ich meine Nachbarn anfassen.

Ja, das ist möglich, aber erstens nur, wenn du in ein Studio gehst, und zweitens auch dort nicht wahrscheinlich. Partnerübungen spielen in den meisten Yogastilen kaum eine Rolle. Sollte es aber zum Äußersten kommen, fasse beherzt, gib dein Bestes und wisse, selbst wenn sie schwitzen: All is One.

5. Ich bin zu dick.

Dieses Vorurteil ist nicht lustig. Denn es hindert einen großen Teil der Gesellschaft daran, von der heilenden Wirkung, die Yoga hat, zu profitieren. Dabei bräuchten besonders dicke Menschen Yoga für einen gesunden Stoffwechsel, gegen Atembeschwerden und oft genug auch gegen Depressionen, die mit Übergewicht einhergehen. Wir wissen das, weil uns viele dicke Menschen schreiben, die sich nicht in Yogastudios trauen. Doch es gibt Hoffnung, ausgerechnet auf Instagram zeichnet sich ein Trend ab, der dicke Yogis zeigt, die Asanas so selbstbewusst üben, dass es ansteckend wird. Denn, um noch mal den alten Patanjali zu zitieren, über dessen Körpergewicht nichts bekannt ist: Um Yoga zu üben, brauchen wir nur zwei Dinge, Beständigkeit (Stiram) und Platz (Sukham). Mit Platz ist ein innerer Raum gemeint, Platz in den Gelenken und im Geist, ein Raum, der Weite erlaubt, Toleranz und Neugier, und aus dieser Weite entsteht Leichtigkeit und die Fähigkeit, loszulassen. Vielleicht auch Kilos, in jedem Fall aber Vorurteile.

Vorurteil oder wahr: Jogis haben besseren Sex

Tja, da müssen wir leider sagen: Das stimmt. Yogis (nicht Jogis) haben besseren Sex, nicht nur, weil sie körperlich stabiler, besser durchblutet sind und sich wohl in ihrer Haut fühlen, sondern weil sie zuhören können.

Kristin Rübesamen
Kristin Rübesamen

Kristin Rübesamen ist zertifizierte Jivamukti- und Om-Yoga-Lehrerin. Sie hat über ein Jahrzehnt in New York und London gelebt und ihre Ausbildungen noch bei Sharon Gannon und David Life (Jivamukti) und Cyndi Lee (Om Yoga) persönlich gemacht. Als Yoga-Aktivistin, Chefredakteurin von YogaEasy und Yogalehrerin unterrichtet sie seit fast 20 Jahren einen sehr konzentrierten, gleichwohl herausfordernden Stil. Sie ist Autorin von „Alle sind erleuchtet” und „Das Yoga-ABC” .